kartenpunkteEs gibt Dinge, über die oft endlos diskutiert wird, ohne je zu einem Ergebnis zu kommen. Meist ist von vornherein klar (zumindest einem unabhängigen Beobachter), dass jene Diskussion zu nichts führen wird. Eines von diesen Themen ist die Bordelektronik, genauer gesagt die Navigationselektronik. In der Segel-Branche habe ich zwei Stereotypen beobachtet:

Der Verweigerer. Gehört zum sog. alten Schlag. Hat noch ein Tastenmobiltelefon, welches für die Dauer des Törns allerdings abgeschaltet wird. Trägt auch gerne eine Kapitänsmütze (auf der Polyester-Yacht). GPS ist Teufelszeug.

Der Verspielte. Besitzt mehrere Tablets, Smartphones, GPS-Handhelds, Kartenplotter, sowie eine Vielzahl verschiedener Programme, Kabel und Ladegeräte dazu. Braucht zum Übersetzen auf die 3 Meilen weit entfernte Nachbarinsel mehr Zeit zum Konfigurieren der Geräte, als zum Fahren. Sieht die Überfahrt erst auf den Fotos der Crew hinterher.

Und eigentlich könnte ich an dieser Stelle den Artikel auch wieder beenden, aber irgendwie finde ich jene Diskussionen immer so witzig, dass ich doch meinen Senf dazu geben muss. Und ja, ich kenne im echten Leben tatsächlich „die Verweigerer“ und „die Verspielten“.

Natürlich gibt es auch noch den Mischtyp, wozu ich mich selbst zählen würde. Das Ganze ist eine Einstellungssache und jeder kann selbst entscheiden, wie er es damit halten möchte. Aber gerade den noch wenig erfahrenen Jungskipperinnen und Jungskippern möchte ich etwas wichtiges weitergeben: Ihr seid die Schiffsführer, nicht der Kartenplotter!

Meiner Meinung nach gibt es ein bedeutendes Kriterium, nachdem man die Elektronik-Ausstattung und die Zeit die man darin investiert — oder vergeudet — richten sollte: Schippere ich eine oder zwei Wochen im Rahmen eines Urlaubs mit Familie und Freunden am Meer umher, oder wird es eine mehrwöchige Langfahrt, Ozeanüberquerung, oder sogar Weltumsegelung?

Letzteres will ohnehin gründlich vorbereitet werden, da gehört eine intensive Auseinandersetzung mit den modernen Navigationsmöglichkeiten dazu.

Aber wenn man auf Urlaub fährt, sollte man sich fragen, ob man das ganze Elektronikzeugs tatsächlich braucht. Wozu fährt man denn segelnderweise auf Urlaub? Doch um die Natur zu erleben, die Stimmung der See aufzunehmen, ein bisschen von den großen Seefahrern vergangener Jahrhunderte träumen, einsamen Buchten aufsuchen und einfach nur genießen.

Und um das zu erleben braucht man lediglich eine Seekarte, Hafenhandbuch, Reiseführer, einen passenden Roman und ein Glas Rotwein. 🙂

navitUnd wie halte ich das Ganze? Ich bin seit über 10 Jahren viele tausende Seemeilen in Adria und Ägäis unterwegs und zur Navigation verwende ich die klassische Papierkarte und Kompass, und zur Sicherheit als Backup GPS-Koordinaten und bin weder auf Grund gelaufen, noch habe ich mich verirrt, obwohl es gerade in diesen beiden Revieren sehr viele Felsen, Riffe und Untiefen gibt. Bei längeren Fahrten weise ich die Crew immer in die wichtigsten Kartengrundlagen ein und lasse sie stündlich Punkte vom GPS in die Karte übertragen. Das macht ihnen Spaß und damit kann jeder — auch absolute Laien — auf einen Blick auf der Karte sehen wo wir gefahren sind und wo wir zuletzt waren, ohne sich mit verwirrenden und unverständlichen Menüs irgendwelcher Kartenplotter auseinandersetzen zu müssen.


Bernhard Fischer

Internet and Security Engineer, Open Source Advocate, Software Engineer, Hacktivist, Blogger, Skipper, Sailor.

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