Funk-Seewetterberichte sind weltweit über UKW- oder Kurzwellenfunk empfangbar. Was sich im ersten Moment wie Kauderwelsch anhört, ist jedoch einfacher zu verstehen, als man glaubt. Dieser Artikel erklärt die Grundprinzipien professioneller Seewetterberichte.
Ein wichtiges Thema auf jedem Törn ist das Wetter, nach dem sich die gesamte Planung und der Ablauf eines Törns richtet (bzw. richten sollte). Man benötigt als Skipper kein Meteorologiestudium — mit entsprechendem Grundwissen über das Wetter, Eigenbeobachtungen, einem brauchbaren Wetterbericht und evtl. einer Bodendruckkarte ist man durchaus in der Lage, für die nächsten ein bis drei Tage eine ausreichend zuverlässige Prognose zu machen.
Dieser Artikel beschreibt, wie man am einfachsten zu einem Funk-Wetterbericht kommt und wie diese aufgebaut sind. Weiter unten sind zwei Beispiele zum Üben eingefügt, von Olympia Radio (Griechenland) und Split Radio (Kroatien), und ein Bonustrack.
Die Wahrheit des Wetters
Als verantwortungsbewusster Skipper sollte man über ein fundiertes Wetter-Grundwissen verfügen, da es ein entscheidender Sicherheitsfaktor in der Schiffsführung ist. In jeder ernstzunehmenden Skipperausbildung ist ein Kursteil über das Wetter enthalten.
In Bezug auf Wetterberichte habe ich schon mit vielen Skippern diskutiert, darüber welche Berichte sie verwenden, welche gut oder weniger gut sind und woher sie diese Berichte nehmen. Es gibt kein Richtig oder Falsch in diesen Punkten, aber gerade die Beschaffung der Wetterberichte ist ziemlich kontrovers, denn viele auch erfahrene Schiffsführerinnen und -führer versuchen die „Wahrheit des Wetters“ aus dem Internet zu beziehen. Im Gegensatz dazu sind Wetterberichte über UKW-Funk eher unbeliebt, meistens wegen dem Argument „Das versteht man ja nicht.“. Grundsätzlich spricht nichts gegen Internet-Wetterberichte, nur dass man Internet nicht überall hat, mobiles Internet sehr teuer und/oder langsam ist und vor allem, dass diese auch nicht besser, d.h. genauer sind.
Entstehung der Wettervorhersage
Alle Wettervorhersagen werden nach dem selben Prinzip erstellt. In ganze Europa sind eine Vielzahl von Wettermessstationen, deren Daten regelmäßig abgefragt werden. Zusätzlich werden über Satelliten Messungen durchgeführt. Aus diesen beobachteten Daten wird mithilfe eines Wettermodells[1. Ein Modell ist eine mathematische Beschreibung darüber, wie etwas — in diesem Fall das Wetter — funktioniert.] das zukünftige Wetter mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorausberechnet. Da es verschiedene Wettermodelle gibt, können sich Wetterberichte voneinander unterscheiden, obwohl diese auf den selben Messwerten basieren. Wetterberichte machen nicht das Wetter, es hat daher auch wenig Sinn, sich aus zehn verschiedenen den Besten herauszusuchen 😉
Man sollte in keinem Fall einem Wetterbericht blind vertrauen, sondern immer den Eigenbeobachtungen Beachtung schenken, denn Vorhersagen können irren.[1. Wenn einem das Navi auf der Autobahn rät das Fahrzeug zu wenden, wird man das auch nicht willenlos befolgen 😉 ] Jeder Skipper mit ein bisschen Erfahrung wird von Tagen berichten können, an dem sich das Wetter um 180° von dem Unterschieden hat, was der Wetterbericht angesagt hat.
Lokaler Wetterfunk
Obwohl das Wetter von den physikalischen Prinzipien auf der ganzen Welt gleich funktioniert, ist es doch lokal überall anders und hat in jeder Region seine Eigenheiten. Deshalb vertraue ich am ehesten den lokalen Wetterdiensten, da ich diesen unterstelle, dass sie ihr eigenes Land am besten kennen. Das ist in Kroatien das Meteorological and Hydrological Service (DHMZ), in Griechenland das Hellenic National Meteorological Service (HNMS), in Deutschland der Deutsche Wetterdienst (DWD), usw., deren aktuelle Seewetterberichte mehrmals täglich von den nationalen Küstenfunkstellen herausgeben werden, beim Büro des Hafenkapitäns aushängt, im Internet ersichtlich ist und über NAVTEX gesendet wird.
UKW-Funk ist die einfachste und bequemste Art den Wetterbericht zu empfangen, da er zu einem aufs Schiff kommt und außerdem nichts kostet 🙂 Man braucht sich nicht mit dem Smartphone zu ärgern, weil das Internet wieder einmal nicht geht, muss nicht unnötig im Hafen umher latschen, um den Hafenkapitän oder ein Wlan zu finden, und NAVTEX ist auf einer durchschnittlichen Charteryacht sowieso nicht drauf. Das einzige, was man dafür wissen muss, sind die Sendezeiten und man benötigt ein bisschen Übung, d.h. man muss sich „einhören“. Sendezeiten und Kanäle kann man sich im Internet heraussuchen, oder vor Ort in Erfahrung bringen.
Split Radio sendet den kroatischen Wetterbericht um 0745, 1445 und 2145 Uhr mitteleuropäische Sommerzeit (UTC+2)[1. Die Sendezeiten sind 0545, 1245 und 1945 UTC (Stand Juli 2014).] auf den Kanälen 07, 21, 23, 28 und 81, abhängig davon wo man sich befindet. In Griechenland sendet Olympia Radio um 0100, 0900, 1300 und 1900 Uhr osteuropäische Sommerzeit (UTC+3)[1. 0600, 1000, 1600, 2200 UTC (Stand Juli 2014).] auf den Kanälen 01, 02, 04, 23, 25, 27, 60, 63, 82, 83, 85.
Aufbau und Inhalte
Alle Seewetterberichte sind nach einem ähnlichen Schema aufgebaut.
- Zu Beginn wird immer gesagt von wann und wem der Wetterbericht ist und für welches Seegebiet dieser gilt.
- Wetterwarnung, das ist z.B. Starkwind, Gewitter, Nebel, usw.
- Bericht über die Großwetterlage, d.h. wo sich welche Hoch- und Tiefdruckgebiete, Fronten, Tröge, usw. befinden.
- Detailinformationen für einzelne Abschnitte des Seegebietes für die nächsten 12 oder 24 Stunden.
- Vorhersage für die folgenden 12 Stunden.
Wetterberichte werden immer auf Englisch und in der Landessprache gesendet. Das schreckt einige ab, da nicht jeder des Englischen mächtig ist, den Seewetterbericht kann man trotzdem verstehen, weil darin genormte meteorologische Fachausdrücke verwendet werden, die immer gleich sind.[1. Ich selbst verstehe den italienischen Wetterbericht fast vollständig, obwohl ich kein Wort italienisch spreche.] Die allerwichtigsten Begriffe für Wind, Seegang und Sicht findet man auf Wikipedia, eine vollständigere Auflistung in verschiedenen Sprachen findet man in den den Publikationen des BSH „Nautischer Funkdienst“, „Funkdienst für die Klein- und Sportschifffahrt“, bzw. im seit 2009 leider nicht mehr erhältlichen Jachtfunkdienst. Die häufigsten Ausdrücke enthält folgende Tabelle.[1. Die Aussprache der englischen Begriffe kann man sich online über Leo anhören.]
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Die Texte auf Funk werden vorgelesen. Es sind die selben Texte, die man auch per NAVTEX empfängt, bzw. jener Text, den man beim Hafenkapitän bekommt. Bevor man nun daran geht den Funkwetterbericht zu verstehen ist es eine gute Übung, sich diese Texte regelmäßig durchzulesen. So lernt man die Struktur des Textes und die verwendeten Begriffe kennen. Hier die Links zu drei verschiedenen Seewetterberichten.
- HNMS (GR): →Unter Marine links oben auf „Maritime Bulletin“ clicken.
- Marine Meteorological Center Split (HR): Adriatic Weather Forecast.
- DWD (DE): →Weather and Sea Bulleting for the North and Baltic Sea.
- Met Office UK: -> Shipping Forecast.
Im folgenden habe ich hier nun zwei echte Wetterberichte mit dem Smartphone aufgezeichnet. Das ist nebenbei erwähnt gerade für Anfänger eine gute Methode den Bericht aufzuzeichnen, wenn man noch nicht genug Übung hat, live mitzuschreiben.
Kroatischer Bericht, Split Radio
ALL SHIPS ALL SHIPS THIS IS SPLIT RADIO SPLIT RADIO FOLLOWING WEATHER FORECAST AND NAVIGATIONAL WARNINGS WILL BE TRANSMITTED IN TURN FIRST IN ENGLISH THEN IN CROATIAN LANGUAGE. STAND BY SVIM BRODOVIMA OVDJE SPLIT RADIO VREMENSKO IZVJEŠĆE.... STAND BY TO ALL SHIPS THIS IS SPLIT RADIO WEATHER REPORT FOR ADRIATIC SEPTEMBER 13 AT 1200 UTC THERE IS NO WARNINGS, I REPEAT, NO WARNINGS SYNOPSIS RIDGE OF HIGH INTENSIFYING FROM THE WEST OUTLOOK FOR THE NEXT 24 HOURS NORTHERN ADRIATIC WIND NE 6 TO 16 KNOTS, SEA SMOOTH TO SLIGHT, VISIBILITY 20 TO 30 KM, MOSTLY CLEAR CENTRAL AND SOUTHERN ADRIATIC WIND NE OFFSHORE NW 6 TO 16 KNOTS, SEA SMOOTH TO SLIGHT, VISIBILITY 20 TO 30 KM, MOSTLY CLEAR
Der kroatische Wetterbericht deckt nur die Adria ab und besteht aus den oben genannten Teilen. Der Ausblick (Outlook) enthält die drei Regionen Nord-, Mittel- und Südadria, immer in dieser Reihenfolge. Für jede Region wird der Wind, Seegang, Sicht und Bewölkung angesagt und ggf. auch noch Gewitter, oder sonstige Besonderheiten.
Griechischer Bericht, Olympia Radio
TO ALL SHIPS TO ALL SHIPS TO ALL SHIPS THIS IS OLYMPIA RADIO OLYMPIA RADIO OLYMPIA RADIO WEATHER BULLETIN ON METAREA 3 HELLENIC NATIONAL METEOROLOGIC SERVICE ATHENS, TUESDAY, JULY THE 8TH 0400 UTC WIND SPEED: BEAUFORT SCALE SEA STATE: TOTAL SIGNIFICANT PART 1 WARNING: NONE PART 2 GENERAL SYNOPSIS 2100 UTC OF JULY THE 7TH LOW PRESSURE 1009 OVER CYPRUS AND RELATIVELY HIGH 1018 OVER BALKAN PART 3 FORECAST UP TO 0400 UTC OF JULY THE 9TH NORTH ADRIATIC S 4 OR 5 LATER WSW 5 OR 6, SLIGHT, LOCALLY POOR, THUNDERSTORM CENTRAL ADRIATIC SE 5 OR 6, VERY SOON CYCLONIC 6 OR 7, LATER W 5 OR 6, SLIGHT OR MODERATE, VERY SOON MODERATE OR ROUGH, THUNDERSTORM SOUTH ADRIATIC SE 4 OR 5, VERY SOON 5 OR 6, SOON S 6 OR 7, SLIGHT, VERY SOON MODERATE OR ROUGH BOOT SW 5 OR 6, SOON WSW 6 OR 7, SLIGHT, SOON MODERATE MELITA CYCLONIC 5 OR 6, VERY SOON FROM THE WEST NNW, MODERATE GABES SE 5 OR 6, VERY SOON NNE, MODERATE SIDRA ESE 4 OR 5, OVER NORTH SW, SLIGHT NORTH IONION NW 4, VERY SOON SW 4 OR 5, SMOOTH OR SLIGHT SOUTH IONION NNW 4, SOON SW, SMOOTH OR SLIGHT PATRAIKOS VARIABLE 3 OR 4, SOON W 4, SMOOTH OR SLIGHT KORINTHIAKOS VARIABLE 3 OR 4, LATER WNW 4 OR 5, SMOOTH OR SLIGHT KITHIRA SEA NNW 4 OR 5, VERY SOON NE 3 OR 4, LATER WNW 4 OR 5, SLIGHT SOUTHWEST KRITIKO NNE 4 AND EAST OF 22.00 NNW 5 OR 6, SLIGHT, OVER EAST MODERATE SOUTHEAST KRITIKO IERAPETRA NW 4 OR 5 AND NORTH OF 34.00 5 OR 6, SLIGHT OR MODERATE TAURUS WSW 4 OR 5, SLIGHT DELTA WNW 4 OR 5, SLIGHT OR MODERATE CRUSADE WSW 4 OR 5, SLIGHT KASTELORIZO SEA WNW 4 OR 5, VERY SOON WEST OF 29.00 5 OR 6, SLIGHT OR MODERATE RHODOS SEA WNW 4 OR 5, VERY SOON 5 OR 6, SLIGHT OR MODERATE KARPATHIO NW 5 OR 6, VERY SOON 6 OR 7, MODERATE, VERY SOON ROUGH WEST KRITIKO NW 4, OVER WEST NNE, SLIGHT EAST KRITIKO WNW 4 OR 5, AND EAST OF 26.00 5 OR 6, SLIGHT OR MODERATE SOUTHWEST AEGEAN NW 3 OR 4, VERY SOON NNE 4 OR 5, SLIGHT SOUTHEAST AEGEAN IKARIO NNW 5 OR 6, MODERATE SAMOS SEA NW 4 OR 5, VERY SOON 5 OR 6, SLIGHT OR MODERATE SARONIKOS VARIABLE 3 OR 4, SOON S 4, SMOOTH OR SLIGHT SOUTH EVVOIKOS NNE 4 OR 5, SLIGHT KAFIREAS STRAIT N 5 OR 6, SOON 4 OR 5, MODERATE CENTRAL AEGEAN NNW 5 OR 6, SOON 4 OR 5, MODERATE NORTHWEST AEGEAN VARIABLE 3 OR 4, SOON ESE, SMOOTH OR SLIGHT NORTHEAST AEGEAN NE 5 OR 6, SOON 4 OR 5, SLIGHT, OVER SOUTH MODERATE THRAKIKO VARIABLE 3 OR 4, VERY SOON NE, AND LATER VARIABLE 3 OR 4, SMOOTH OR SLIGHT THERMAIKOS VARIABLE 3 OR 4, VERY SOON SSE 4, SOON 4 OR 5, SMOOTH OR SLIGHT MARMARA NE 4 OR 5, SLIGHT WEST BLACK SEA NE 4, OVER EAST NNW 4 OR 5, SLIGHT EAST BLACK SEA WNW 3 UP TO 5, SLIGHT, LOCALLY POOR, THUNDERSTORM OUTLOOK FOR THE NEXT 12 HOURS GALE FORCE WINDS NOT EXPECTED THIS IS OLYMPIA RADIO THIS IS THE END OF THE WEATHER BULLETIN
Der Seewetterbericht von Olympia Radio ist ebenfalls in mehreren Teilen im selben Schema aufgebaut. Der Bericht deckt das gesamt östliche Mittelmeer ab, die Ägäis natürlich besonders detailliert. Die einzelnen Seegebiete kommen immer in der gleichen Reiheinfolge.[1. Die Abbildung der Seegebiete, sowie eine Auflistung sämtlicher Sendestationen, deren Kanäle und zusätzliche Beschreibungen zur Wettervorhersage befinden sich in den exzellenten Büchern „Greece, Sea Guide“, Nicholas D. Elias, Eagle Ray Nautical Publications.] Bei jedem Seegebiet wird immer der Wind und Seegang angesagt und bei Besonderheiten zusätzlich noch die Sicht (Visibility) und evtl. sonstige Gefahren, wie Gewitter (Thunderstorm), Nebel (Fog), usw.
Sturm, Storm, Gale
Die drei Begriffe „Sturm“, „Storm“ und „Gale“ führen häufig zu Verwirrung oder werden verwechselt. Als Laie würde man meinen, dass sei alles das selbe, doch sind diese Begriffe in Meteorologie exakt definiert.
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- Gale bedeutet 8 Bft Wind und wird gerne mit „Starkwind“ übersetzt, obwohl 8 Bft im Deutschen eigentlich als „stürmischer Wind“ bezeichnet werden. Der „starke Wind“ hingegen steht für 6 Bft.
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- Sturm sind 9 Bft, was im Englischen als „strong gale” bezeichnet wird.
- Der englische Storm sind bereits 10 Bft Wind, was im deutschen schon „schwerer Sturm“ heißt.
Wetterwarnungen
Nicht alle Warnungen sind gleich „gefährlich“. Das liegt in erster Linie an den Unterschieden der Seegebiete. Eine Gale-Warning (Starkwind-Warnung) wird in Kroatien ab Windstärke 7 herausgegeben und ist in der Regel ernstzunehmen, da unter normalen Schönwetterbedingungen so ein Wind in diesem Revier nie auftreten würde. Im Gegensatz dazu wird die Gale-Warning in der Ägäis erst ab 8 Bft herausgegeben, da mit dem im Sommer vorherrschenden Meltemi 7 Bft keine Seltenheit sind.
Wetterwarnung sind übrigens häufig in Klauseln von Versicherungs- und Charterverträgen enthalten, die einem das Auslaufen untersagen. Es liegt dann im Ermessen des Skippers, ob man trotzdem ausläuft oder nicht. Ich selbst muss sagen, dass ich schon sehr viel Zeit in Häfen verbracht hätte, wenn ich bei jeder Wetterwarnung drinnen geblieben wäre.
Bonustrack
Und hier noch ein Track von Olympia Radio, ohne Text zum Üben 😉
Viel Spaß beim Anhören!
1 Kommentar
»Navigational Warnings« — nie gehört! | freeskippers.at · 27. November 2016 um 10:56
[…] nautische Nachrichten (Maritime Safety Information) senden. Diese enthalten in der Regel aktuelle Wettervorhersagen und nautische Warnungen (Navigational […]