Dieser Artikel erklärt die wichtigsten Grundregeln zum Segeltrimm und gibt der Einsteigerin und dem Einsteiger ein paar einfache Regeln zur Hand.

vorsegelBücher zum Thema Segeltrimm gibt es genug. Die meisten davon schrecken Einsteiger aber bereits auf den ersten Seiten ab. Im folgenden Artikel werden ein paar Kniffe vorgestellt, die ohne viel Zauberei zu einem sehr guten Ergebnis führen. Es werden einige Dinge bewusst stark pauschaliert dargestellt und auf weiterführende, physikalische Hintergründe verzichtet.[1. Weiterführende Literatur gibt es in der Yachtbibliothek genug, z.B. Peter Hahne, „Segeltrimm in Theorie und Praxis“, Pietsch Verlag.]

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten den Segeltrimm zu optimieren, sogar auf Yachten mit Standardausrüstung, wie jede durchschnittliche Charteryacht. Doch ohne entsprechendes Wissen und Verständnis für die Zusammenhänge ist es für Einsteigerinnen und Einsteiger oft nicht klar, warum man wann und wie etwas verstellt, um die Segelstellung zu verbessern, oder woran man erkennt, ob die Segelstellung gut ist.

Ein paar Grundgedanken

Es gibt ein paar wichtige Grundregeln, die man sich in jedem Fall merken sollte.

  1. Die Windströmung am Segel soll schön „rund“ sein. Das bedeutet, dass der Wind möglichst turbulenzfrei, also ohne Verwirbelung bzw. Strömungsabriss, um die Segel „gebogen“ werden soll.[1. Der Fachbegeriff für eine gleichmäßige, nicht verwirbelte (turbulente) Strömung heißt „laminare Strömung“.] Es sollten keine übermäßigen bzw. abrupten Richtungsänderungen stattfinden, z.B. durch zu steil (zu dicht) angestellte Segel.
  2. Ein bauchigeres Segel bedeutet mehr Auftrieb. Mehr Auftrieb ergibt mehr Vortrieb.
  3. Mehr Auftrieb bedeutet auch mehr Krängung.

Um die Segel „perfekt“ einzustellen und 100% der physikalisch maximalen Geschwindigkeit zu erreichen gibt es verschiedene Trimmeinrichtungen, z.B. die Schoten, Holepunkte, Traveller, Unterliekstrecker, Groß-/Genufall, Achterstag und noch viele mehr. Der Einfluss der einzelnen Trimmeinrichtungen ist aber nicht gleich groß. Ändert man z.B. die Unterliekspannung des Großsegels, so liegt die Änderung vermutlich im einstelligen %-Bereich, wohingegen die Grobeinstellung mittels Schoten mindestens 70% ausmachen.[1. Die hier angegebenen %-Angaben wurden nicht wissenschaftlich recherchiert, sondern sollen nur ein Gefühl für die Größenordnung geben und reflektieren die Erfahrung des Autors.]

Das bedeutet: Bevor der Anstellwinkel der Segel der mit Hilfe der Schoten eingestellt wird nicht stimmt, braucht man sich weder mit Holepunkt, noch mit Traveller, oder sonstigen Einstellmöglichkeiten beschäftigen.

Segeltrimm braucht Gefühl und Geduld

Bevor es nun ans Trimmen geht, sei noch ein besonders wichtiges Detail festgestellt: Ein Segelboot in Fahrt ist ein dynamisches System. Das bedeutet, dass sich die wirkenden Kräfte gegenseitig beeinflussen, bis sich nach gewisser Zeit ein Gleichgewicht einstellt. Ändert sich die Bootsgeschwindigkeit, so ändert sich dadurch die Stärke und Richtung des am Boot spürbaren scheinbaren Windes. Deshalb muss die Segelstellung angepasst werden, was wiederum Auswirkung auf die Bootsgeschwindigkeit hat. Das bedeutet aber auch, dass wenn die Rudergängerin bzw. der Rudergänger Schlangenlinien fährt, das Ganze auch nicht funktioniert 😉

5 wichtige Basisregeln

Regel 1: Man trimmt von vorne nach hinten, d.h. zuerst das Vorsegel, dann das Großsegel.

Piloten im Vorsegel.

Piloten im Vorsegel.

Regel 2: Man holt das Vorsegel mittels Schot so weit dicht, dass der Wind am Vorliek parallel zum Segel einfällt. Das erkennt man grob indem man ganz nach vorne zum Bug geht, am Vorstag noch oben blickt und den vorderen Bereich der Genua mit dem Verklicker vergleicht. Diese müssen ungefähr parallel zueinander sein. Genau erkennt man es aber an den Trimmfäden, bzw. Piloten. Das sind die meist blau und rot gefärbten Fäden, die im vorderen Bereich des Vorsegels beidseitig aufgeklebt sind. Meistens sind zwei oder drei Paare vorhanden; eines unten, eines oben, und bei größeren Segeln auch eines in der Mitte. Bei der ersten Einstellung beachtet man nur das unterste Pilotenpaar! Die Stellung ist gut, wenn beide Fäden, (der innere und der äußere) waagrecht nach hinten auswehen (s. Abbildung). Das ist das Allerwichtigste! Diese Regel gilt für alle Kurse, außer den Vorwindkurs.[1. Am Vorwindkurs funktioniert das Auftriebsprinzip nicht mehr, weshalb er gleichzeitig auch der langsamste Kurs ist.]

Piloten im Achterliek.

Piloten im Achterliek.

Regel 3: Das Großsegel wird mittels Großschot so dicht geholt, dass die Piloten im Achterliek des Großsegels ebenfalls parallel zum Segel nach hinten wehen (s. Abbildung), weil der Wind auch achtern wieder parallel auswehen soll. Wenn im Achterliek keine Trimmfäden vorhanden sind, dann fiert man das Großsegel bis es killt (flattert). Dann holt man das Großsegel langsam solange, bis es gerade nicht mehr killt und gut steht. Nimmt man das Großsegel zu dicht, ein Fehler der sehr gern gemacht wird, so „bricht“ sich der Wind am Achterliek und es entstehen Turbulenzen, was zu Geschwindigkeitsverlust und verstärkter Krängung führt.

Regel 4: Man verschiebt den Holepunkt der Vorschot soweit, dass auch die oberen Piloten des Vorsegels parallel nach hinten wehen (innen und außen). Ob nach vorne oder nach hinten – am besten ausprobieren (mit ein bisschen Übung wird es irgendwann logisch sein, in welche Richtung 😉 ).

Regel 5: Die vorangegangenen 3 Schritte wiederholen und eine Feinjustierung vornehmen, bis die Strömung perfekt passt.

Wenn man diese paar Regeln beherrscht, kann man sich an die weiteren Trimmeinrichtungen machen.

Viel Spaß beim Trainieren! 🙂


Kategorien: BootstechnikSeemannschaft

Bernhard Fischer

Internet and Security Engineer, Open Source Advocate, Software Engineer, Hacktivist, Blogger, Skipper, Sailor.

1 Kommentar

Neeltje Forkenbrock · 3. April 2019 um 11:27

Vielen Dank für diese kleine Basisanleitung zum Segeltrimm. Ich werde im Sommer meinen Segelführerschein machen. Für die Zeit danach habe ich mir schon ein kleines Aluminium Boot gekauft. Ich kann es kaum erwarten alles erlernte mal auszuprobieren, wenn ich alleine auf offener See bin.

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